research with vision ... IFHGK
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NZZ vom 1.9.2017, Gastkommentar

 
Die ideologischen Seiten des Klimawandels
 
Darüber, dass der Klimawandel allein menschengemacht ist, herrscht ein Konsens, der aggressiv gegen alle verteidigt wird, die Bedenken anmelden. Dabei ist der Konsens durchaus auch interessengeleitet.
 
von Sonja Margolina

 

 

Gleich nach seinem Einzug ins Weisse Haus hat Donald Trump Schritte zum Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimavertrag unternommen. So wurden, laut einem Bericht des «Guardian», Mitarbeiter des US-Ministeriums für Landwirtschaft angewiesen, einige Bezeichnungen, unter anderen «Klimawandel», aus dem Verkehr zu ziehen. Stattdessen sollten die Behörden in ihren Gutachten den Begriff «Wetterextreme» verwenden, «Anpassung an den Klimawandel» sollten sie durch «Widerstandsfähigkeit gegen Wetterextreme» ersetzen und die «Reduzierung der Treibhausgase» – die als Hauptursache für den menschengemachten Klimawandel verantwortlich gemacht werden – durch «Herausbildung organischer Stoffe in den Böden und erhöhte Nutzung von Nahrungsstoffen». Es geht also darum, jene Prozesse, die bisher auf den Klimawandel zurückgeführt und negativ konnotiert wurden, als natürlich oder positiv zu beschreiben.

 

Alternativlose Wahrheit

 

Auf den ersten Blick mutet die Verordnung grotesk und orwellianisch an. Doch könnte ein solches Urteil auch voreilig sein. Denn der «Klimawandel», den Trump aus dem Sprachgebrauch zu tilgen trachtet, ist nicht nur eine Beschreibung der Wirklichkeit, sondern auch ein ideologisches Konstrukt. Millionenfach in den Medien wiederholt, als alternativlose Wahrheit in Schulen gelehrt, gibt der Begriff einen Rahmen vor, in dessen Grenzen die Gesellschaft zu denken und die Realität aufzufassen hat.

 

Früher spiegelte dieses an sich neutrale Wort die Tatsache wider, dass das Erdklima unter dem Einfluss natürlicher Faktoren starken Schwankungen ausgesetzt ist. Seit ungefähr dreissig Jahren hat sich seine Semantik nach und nach verändert. Was sich seit Jahrmillionen ganz unabhängig von menschlichem Tun vollzog, hat nun der Mensch allein zu verantworten. Klimawandel, Klimasünder, Klima-Leugner – rund um das Klima haben sich suggestive und stigmatisierende Neologismen herausgebildet, die der industriellen Welt und besonders dem Westen die alleinige Schuld für die kommende Klimakatastrophe unterstellen. Die Begriffe sind selbstredend geeignet, ihre Kritiker zu diskreditieren.

 

Bei einem derart massiven, fast totalen Einverständnis hinsichtlich der Ursachen und Folgen des Klimawandels droht die Berichterstattung über Klimaphänomene nicht nur einseitig zu werden, sondern gar in die Nähe von Propaganda zu rücken. Alternative Deutungen und kritische Bedenken werden routinemässig als interessengeleitet denunziert und ins Abseits gedrängt, um die Konsensfähigkeit in Sachen Klimaschutz nicht zu gefährden. Negative Nebenfolgen wie Umweltschäden durch Klimaschutzmassnahmen oder die selbstzerstörerische Energiewende in Deutschland werden dabei gern kaschiert.

 

Wer an den Klimawandel glaubt, neigt dazu, alle ungewöhnlichen Naturerscheinungen – ob ungewöhnliche Kälte oder Hitze, Bergsturz oder Überschwemmung – als Bestätigung seines Glaubens wahrzunehmen. So entsteht eine Plausibilität der Zusammenhänge, die das bereits verinnerlichte Weltbild bestätigt. Solches öffnet einem irrationalen Wettlauf um die Weltrettung Tür und Tor – vom Fleisch- oder Dieselverbot bis zur Dekarbonisierung der Weltwirtschaft.

 

Astronomen sehen Abkühlung

 

Doch worin unterscheidet sich der Klimawandel als szientistischer Glaube vom Klimawandel als Realität? Entgegen der gängigen Propaganda bleibt die wissenschaftliche Unsicherheit hinsichtlich der Wirkung der Treibhausgase, unter anderem des dämonisierten Kohlendioxids, gross. Viele Forschungsergebnisse stellen seine Rolle als Klimakiller infrage. Auch die mithilfe von Computermodellen errechnete Erderwärmung bis 2100 ist nicht mehr als «Prophezeiung».

 

Selbst wenn das menschliche Tun einen wachsenden Anteil an der Erderwärmung hat, könnten auch omnipotente Klimafaktoren wie schwankende Sonnenintensität und astronomische Zyklen mit eine Rolle spielen. Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet Astronomen, die abseits der politisierten Klimaforschung stehen, eine Klimaabkühlung kommen sehen. Die Massnahmen gegen künftige Erderwärmung, der Versuch, das Klima in grossem Stil zu beeinflussen, erschienen von daher als ruinöser Irrlauf.

 

«Klimawandel» ist ein hochideologischer Begriff, der die Utopie der «Klimarettung» zum Ziel des politischen Handelns und zum moralischen Gebot erhoben hat. Man darf nicht übersehen, dass dieses Denkmodell mit handfesten Interessen zahlreicher Profiteure aus Politik, Zivilgesellschaft und Öko-Industrie verbunden ist. Vor diesem opaken Hintergrund mutet die Verbannung des «Klimawandels» aus dem Vokabular der Herrschaftssprache durch Trump wie ein Widerschein der Vernunft an. Mag sein, dass ausgerechnet diesem schlechtesten US-Präsidenten aller Zeiten die Rolle eines Mephisto zufällt, der das Böse will und ungewollt das Gute schafft.

 

 

Sonja Margolina, 1951 in Moskau geboren, lebt als Publizistin und Buchautorin in Berlin.

 

 

Hinweis: Dieser Kommentar, veröffentlicht in der NZZ vom 1.9.2017 gibt nicht in allen Punkten die Meinung des IFHGK bzw. des Vorstands und der Mitarbeiter des Instituts wieder! Eine politischen Bewertung z.B. der Vorgaben, Ziele und Handlungen des amerikanischen Präsidenten wird von uns abgelehnt. Der Kommentar ist es jedoch aus Sicht des IFHGK Wert beachtet zu werden, da er grundsätzlich aufgreift, dass "Ideologie in den Klimawissenschaften" so oder so nicht zielführend sein kann.

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© Hans-Joachim Dammschneider